Neu erschienen: “Keimarme Ernährung”

Lebensmittelbedingte Infektionen verursachen in Deutschland eine erhebliche Zahl an Erkrankungen. Dabei werden die Erreger oder Toxine über verunreinigte Lebensmittel übertragen. Besonders gefährdet sind Schwangere, Stillende, Säuglinge und Kleinkinder, Krebspatienten und Menschen mit geschwächtem Immunsystem. Ein neuer Praxisratgeber gibt wertvolle Tipps zur sicheren, keimarmen Ernährung.

Lebensmittelinfektionen häufiger als gedacht

Mikrobiell verunreinigte Lebensmittel sind auch in Deutschland eine Hauptquelle für Infektionen. Mehr als die Hälfte aller meldepflichtigen Infektionskrankheiten in Deutschland werden durch Lebensmittel verursacht. Spitzenreiter sind dabei die Infektionen mit Noro-Viren (ca. 85.000/Jahr), Campylobacter (ca. 74.000/Jahr), Salmonellen (ca. 13.000/Jahr) und EHEC (ca. 1.900/Jahr). Detaillierte Übersichten dazu liefert der “Bericht zu lebensmittelbedingten Krankheitsausbrüchen” des Bundesamtes für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL).

Sind derartige Lebensmittelinfektionen für die “gesunde Allgemeinbevölkerung” in der Regel nur unangenehm, aber nicht lebensbedrohlich, so sieht dies für bestimmte Risikogruppen anders aus. Diese besonders gefährdeten Menschen werden in der Medizin unter dem Begriff YOPI zusammengefasst: young (jung), old (alt), pregnant (schwanger) und immunocompromised (immungeschwächt). Hierunter fallen große Teile der gesamten Bevölkerung, nämlich Schwangere, Stillende, Säuglinge, Kleinkinder, ältere Menschen (> 65 Jahre) sowie Patienten mit Immun- oder Abwehrschwäche (Krebs, HIV, Anwendung von Immunsuppressiva, Protonenpumpenhemmer-Therapie). Bei all diesen Menschen muss in der Ernährung auf besondere Hygiene geachtet werden, da es sonst schnell gefährlich werden kann.

Ein neues Sachbuch, das sich durch seine große Praxisnähe auszeichnet, gibt hier hervorragende Hilfestellung. Es richtet sich nicht nur an Ernährungsfachkräfte, sondern an jeden, der entweder selbst zur “YOPI”-Gruppe gehört oder der z. B. für pflegebedürftige Angehörige Nahrung zubereitet.

Detailliert und praxisnah

Autoren des Buches sind der Biologe Dr. Heribert Keweloh und die Ökotrophologin Uta Reinecke. Beide bringen langjährige Erfahrung in den Bereichen Mikrobiologie, Lebensmittelhygiene und Ernährung bei immunsupprimierten Patienten mit. Die Thematik wurde von den Autoren in vier Kapitel aufgeteilt:

  • Mikroorganismen als Krankheitserreger in Lebensmitteln (20 Seiten). Hier wird eine kurze Einführung in den mikrobiologischen und pathophysiologischen Hintergrund gegeben. Kleiner Wermutstropfen an dieser Stelle: Leider wird durchgehend der wissenschaftlich längst überholte Begriff der “Darmflora” verwendet. Die Inhalte des Kapitels sind aber durchgehend aktuell.
  • Erregerabwehr bei immungeschwächten Patienten (25 Seiten). Nach der allgemeinen Darstellung der Funktionsmechanismen des Immunsystems erläutern die Autoren die Bedeutung der Immunsuppression in den häufigsten klinischen Zusammenhängen. Glücklicherweise geht es dabei nicht nur um Patienten nach Organtransplantationen, mit Autoimmunerkrankungen oder unter Therapie mit Immunsuppressiva, sondern es wird auch ausführlich die Relevanz der Immunsuppression bei Krebspatienten, im Alter und in der Schwangerschaft diskutiert.
  • Lebensmittelhygiene – vom Einkauf bis zum Verzehr (20 Seiten). In diesem Kapitel stellen die Autoren die lebensmittelhygienischen und küchentechnischen Grundlagen prägnant zusammen. Dabei geht es um die hygienisch-mikrobiologischen Aspekte beim Lebensmittelkauf und der Lebensmittellagerung, um die Zubereitung in der Küche (z. B. Speisenvorbereitung, Schneidbretter, Küchentücher), um das korrekte Einfrieren, Auftauen und Aufwärmen von Speisen sowie um die hygienischen Probleme bei Außer-Haus-Verpflegung (inkl. “Grillfeste”) und Händehygiene. Für Laien ist dies sicherlich eine gute Übersicht; Ernährungsfachkräften dürften diese Zusammenhänge durchweg bekannt sein.
  • Mikrobiologisch-hygienische Eigenschaften von Lebensmitteln (90 Seiten). Dieses Kapitel stellt den Kern des Buches dar. Systematisch werden die verschiedenen Lebensmittelgruppen vorgestellt (Obst/Gemüse, Nüsse/Samen/Pflanzenöle, Getreide/-produkte, Milch/-produkte, Fleisch/-produkte, Eier, Fisch-/Produkte, Getränke, Süßwaren) und die hygienischen Aspekte detailliert und praxisnah erläutert. Der Text wird durch zahlreiche Abbildungen (die allerdings überwiegend dekorativen Charakter haben) aufgelockert und durch übersichtlich gestaltete Tabellen ergänzt. Besonders hilfreich sind die kurzen Zusammenfassungen der einzelnen Kapitel (“Das Wichigste in Kürze”) sowie die zahlreichen Praxistipps.

Das abschließende kurze Glossar ist hilfreich für den völlig fachfremden Leser, und das sehr gut erstellte Sachregister erlaubt den direkten Einstieg beim gesuchten Lebensmittel.

Beispielseite (Blattsalate, Sprossen, Pilze)

Fazit: Empfehlenswert für die Praxis

Das Buch liefert einen sehr gut strukturieren, fachlich fundierten und praxisnahen Zugang zur “Keimarme Ernährung”. Auf dem deutschsprachigen Buchmarkt gibt es keine andere Publikation, die dieses Thema besser oder praxistauglicher zusammenfassen würde.

Keweloh/Reinecke „Keimarme Ernährung – bei Immunschwäche und Immunsuppression, in der Schwangerschaft und im Alter”, Softcover, 186 Seiten, 1. Auflage, Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft Stuttgart 2018. 24,80 EUR.

Ein Kommentar

  1. Lieber Herr Prof. Smollich,
    interessantes Buch. Wie wird darin das Thema Histamine behandelt? Oder, planen Sie dazu mal einen speziellen Blog?

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