Mediterran oder vegetarisch: Was ist besser für’s Herz?

Beobachtungsstudien, die Hinweise auf positive gesundheitliche Wirkungen von vegetarischer und mediterraner Ernährung liefern, gibt es viele. Ihre Interpretation ist schwierig und teilweise kaum möglich. Nun liefert erstmals eine prospektive, randomisierte Studie Ergebnisse zu den kardioprotektiven Effekten von vegetarischer und mediterraner Ernährung.

Datenlage aus Beobachtungsstudien ist bekannt

Erste epidemiologische Hinweise darauf, dass sich die traditionelle mediterrane Ernährung positiv auf die Gesundheit von Herz und Blutgefäßsystem auswirkt, gibt es seit den 1950er-Jahren. Seitdem ist dieser Zusammenhang in unzähligen Beobachtungsstudien bestätigt worden und Bestandteil der Ernährungsempfehlungen kardiologischer Fachgesellschaften weltweit (Dinu et al. 2018). Einziger – aber wesentlicher! – Nachteil dieser Studienlage: Aus retrospektiven Beobachtungsstudien lässt sich kein kausaler Zusammenhang ableiten, was die wissenschaftliche Aussagekraft der Ergebnisse erheblich einschränkt.

Ähnlich sieht die Studienlage für die ovo-lakto-vegetarische Ernährung aus: Auch hier deuten zahlreiche Beobachtungsstudien auf eine signifikant reduzierte kardiovaskuläre Krankheitslast und Sterblichkeit bei einer Ernährungsweise hin, die auf Fleisch, Wurst und Fisch verzichtet, Ei- und Milchprodukte jedoch einschließt (Dinu et al. 2017).

Zufallsverteilung: mediterran versus vegetarisch

Im Rahmen der Cardiovascular Prevention With Vegetarian Diet (CARDIVEG)-Studie wurden diese bekannten Effekte einer mediterranen und einer ovo-lakto-vegetarischen Ernährung erstmals einem direkten, prospektiven Vergleich unterzogen (Sofi et al. 2018). Die 118, sich nicht vegetarisch ernährenden Studienteilnehmer (78 % weiblich, medianes Alter 50 Jahre, mittlerer Body-Mass-Index [BMI] 31 kg/m²) wurden zu Beginn nach dem Zufallsprinzip auf eine der beiden Ernährungsgruppen verteilt (kalorienarme ovo-lakto-vegetarische Kost [VEG] oder kalorienarme mediterrane Kost [MED]); nach drei Monaten wechselten die Teilnehmer die Gruppen. Durch dieses Cross-over-Design können Störeffekte ausgeschlossen werden, wodurch die Studie trotz geringer Probandenzahl an Aussagekraft gewinnt.

Alle Teilnehmer waren übergewichtig oder adipös (BMI ≥ 25 kg/m²) und wiesen mindestens einen Risikofaktor für Herz- und Kreislauferkrankungen auf: Gesamtcholesterin > 190 mg/dl, LDL-Cholesterin > 115 mg/dl, Triglyzeride > 150 mg/dl oder Glucose > 110 bis < 126 mg/dl.

Die Energiezufuhr war in beiden Ernährungsgruppen gleich (2.071 ± 548 kcal/Tag) und produzierte ein tägliches Energiedefizit von ca. 500 kcal (hypokalorisch). Die Zusammenstellung der Lebensmittel lieferte in beiden Gruppen identisch 50 – 55 Energieprozent aus Kohlenhydraten, 25 – 30 Energieprozent aus Fett (≤ 7 Energieprozent gesättigte Fettsäuren, < 200 mg Cholesterol pro Tag) und 15 – 20 % aus Protein. Auch die Zufuhrmengen von Cerealien, Obst, Gemüse, Kartoffeln, Süßigkeiten und Olivenöl waren für beide Ernährungsgruppen vergleichbar. Die vegetarische Ernährung war im Vergleich mit der mediterranen Ernährung jedoch durch einen erhöhten Verzehr von Hülsenfrüchten (VEG: 5x/Woche, MED: 2,5x/Woche), Nüssen (VEG: 1x/Woche, MED: 1x/Woche), Eier (VEG: 2x/Woche, MED: 1x/Woche) und Milchprodukten (VEG: 22x/Woche, MED: 19x/Woche) gekennzeichnet. Erst vor Kurzem wurde in einer aktuellen Studie der Zusammenhang zwischen Milchsäurebakterien und Herzgesundheit diskutiert. Keine Angaben gibt es zum Kochsalzgehalt oder zum Alkoholkonsum.

Gewichtsverlust ähnlich, Unterschiede bei den Blutfettwerten

Die Gewichtsreduktion bei Studienende war in beiden Diätgruppen gleich (VEG: -1,9 kg, MED: -1,8 kg); auch bei BMI und Fettmasse gab es keine Unterschiede. Während die ovo-laktovegetarische Diät jedoch zu einer stärkeren Reduktion des LDL-Cholesterins führte (Differenz 9 mg/dl), reduzierte die mediterrane Diät die Triglyzeride stärker (Differenz 12,7 mg/dl). Abgesehen vom Interleukin-17 (stärkere Reduktion durch mediterrane Diät) zeigten sich für keinen Stress-/Entzündungsmarker signifikante Unterschiede.

Fazit: unklar

Als Fazit konstatieren die Studienautoren, dass beide getesteten Ernährungsweisen gleich wirksam zur Reduktion von Körpergewicht, BMI und Fettmasse sind. Dies ist auch wenig überraschend – schließlich waren beide Diäten kalorienreduziert und zeichneten sich durch ähnliche Lebensmittelauswahl aus (hohe Zufuhr von Obst und Gemüse, Hülsenfrüchten, Vollkornprodukten und Nüssen; geringe Aufnahme gesättigter Fette). Neben der begrenzten Probandenzahl und der relativ kurzen Beobachtungszeit ist ein wesentlicher Schwachpunkt der Studie, dass bei keinem Teilnehmer Blutdruckdaten erhoben wurden; in einer Studie, die “Cardiovascular Prevention With Vegetarian Diet” heißt, sollte das zu erwarten sein. Es bleibt ein Rätsel, wieso die Studienautoren auf die Erhebung eines so einfachen Parameters wie Blutdruck vollständig verzichtet haben.

Ungewiss bleibt damit, wie sich beide Ernährungsweisen langfristig auf harte kardiovaskuläre Endpunkte wie Herzinfarkt und Schlaganfall oder die Sterblichkeit auswirken. Laborwerte allein reichen für die Beurteilung der klinischen Relevanz nicht aus.

Dieser Beitrag erschienen in gekürzter Fassung zuerst in der Deutschen Apotheker Zeitung (10/2018) am 08.03.2018.

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