Hagebutten gegen Arthrose

Arthrose ist die häufigste Gelenkerkrankung, wobei die Knorpelschicht des Gelenks zerstört wird. Die Folge sind teilweise starke Schmerzen und Bewegungseinschränkungen. In letzter Zeit wird immer häufiger für Hagebuttenpulver als Nahrungsmittel geworben, das Arthrose-Beschwerden lindern soll. Ist da etwas dran?

Hagebutten in der Volksmedizin

Botanisch handelt es sich bei den allseits bekannten Hagebutten um sog. Sammelnussfrüchte verschiedener Rosen-Arten; im speziellen versteht man darunter die Früchte der Gemeinen Heckenrose/Hundsrose (Rosa canina L.). Der rote Anteil der Hagebutten ist der fleischig gewordene Blütenboden, der die Nüsschen (d. h. die eigentlichen Früchte) umgibt. Der rote Blütenboden (fälschlich meist als “Fruchtfleisch” bezeichnet) ist reich an Vitamin C, Carotinoiden (v. a. Rubixanthin, Lycopen, β-Carotin), Flavonoiden, Pektin und Fruchtsäuren. Die Samen enthalten Linolsäure und γ-Linolensäure. Charakteristische Mineralstoffe sind Kupfer und Zink.

Hagebutte; hier: Rosa canina var. dumetorum. Aus: Deutschlands Flora in Abbildungen, J. G. Sturm (1796). Gut erkennbar im Querschnitt sind der fleischig gewordene, rote Blütenboden als Pseudofrucht (h) sowie die darin liegenden eigentlichen Früchte, die Nüsschen (i).

Hagebuttenextrakte zeigen aufgrund der enthaltenen Polyphenole unter Laborbedingungen antioxidative Wirkungen (Daels-Rakotoarison et al. 2002)  – was aber genauso für alle vergleichbaren Pflanzenextrakte zutrifft (Yoo et al. 2008). In Tiermodellen wurde für Hagebuttenextrakte wiederholt ein entzündungshemmender Effekt nachgewiesen (Deliorman Orhan et al. 2007).

Die traditionelle pharmazeutische Droge bestand aus den getrockneten Blütenböden mit den darinliegenden Früchten (Cynosbati fructus cum semine); seltener auch aus den reinen Hagebuttenschalen ohne Samen (Rosae pseudofructus).

Volksmedizinisch angewendet wurden die Hagebutten bei verschiedenen Harnwegsbeschwerden, außerdem zur Rheuma- und Gichttherapie. Zur Behandlung der Arthrose wurden Hagebutten nicht gezielt verwendet. In heute noch verwendeten Arzneitee-Mischungen gelten die ggf. enthaltenden Hagebutten bzw. Hagebuttenschalen wegen der nicht belegten Wirksamkeit nicht als Arzneimittel, sondern lediglich als “sonstiger Bestandteil”, der hauptsächlich zur Geschmacksverbesserung beigemischt wird.

Keine Wirksamkeit nachgewiesen

Die Hagebutten-Monographien der für Phytopharmaka zuständigen Kommission E des Bundesinstituts für Arzeimittel und Medizinprodukte (BfArM) konnte in keiner der Monographien zu Hagebutten, Hagebuttenkernen und Hagebuttenschalen irgendeine Wirksamkeit feststellen; auch als Vitamin C-Quelle seien getrocknete Hagebutten-Produkten wenig geeignet, da die in frischen Hagebutten reichlich vorhandene Ascorbinsäure (Vitamin C) bei der Trocknung und Lagerung fast vollständig abgebaut wird. Allerdings werden auch keinerlei Risiken durch die Einnahme von Hagebutten beschrieben. Gravierender Nachteil dieser Hagebutten-Monographien ist, dass sie aus dem Jahr 1990 (!) stammen und daher völlig veraltet sind.

Die Kommission der europäischen Arzneimittelbehörde EMA, die aktuelle und frei zugängliche Monographien zur Beurteilung von Phytopharmaka erstellt (HMPC-Monographien), hat sich mit Hagebutten bislang nicht beschäftigt. Ist die Geschichte der Hagebutten damit zuende erzählt? Nicht ganz…

Hagebutten enthalten Galaktolipide

Im Jahr 2003 wurde in der Hagebutte von einem dänischen Forscherteam eine bis dahin unbekannte, weitere Gruppe von sekundären Pflanzenstoffen entdeckt, die sog. Galaktolipide. Dabei handelt es sich um Verbindungen aus dem Zucker Galaktose und verschiedenen Fettsäuren, die über Glycerin miteinander verbunden sind. Galaktolipide sind thermolabil, d.h. sie zerfallen bereits bei Temperaturen über 40 °C.

Wirksam gegen Arthrose?

In verschiedenen kleineren Untersuchungen konnte gezeigt werden, dass die entzündungshemmenden Effekte der Hagebutte tatsächlich auf die enthaltenen Galaktolipide zurückzuführen sind (Christensen 2009); außerdem konnten für diese Galaktolipide auch knorpelschützende (chondroprotektive) Wirkungen nachgewiesen werden (Schwager et al. 2011), was diese Substanzen besonders für die Anwendung bei Arthrose interessant macht.

Allerdings muss man wissen, dass eben diese Galaktolipide gar keine Besonderheit der Hagebutte sind; sie finden sich in ähnlich hohen Konzentrationen ebenfalls in zahlreichen anderen pflanzlichen Lebensmitteln, so z. B. in Bohnen, Erbsen, Kohl, Spinat, Spargel, Brokkoli oder Kürbis.

Klinische Studien mit Hagebuttenextrakt

Inzwischen gibt es sogar mehrere randomisiert-kontrollierte Studien, die die Wirksamkeit von Hagebutten bei Arthrose (engl. Osteoarthritis) untersucht haben. Dabei muss berücksichtigt werden, dass in allen Studien ein standardisierter Hagebuttenextrakt verwendet wurde; die Übertragbarkeit der Ergebnisse auf die getrockneten Schalen bzw. das Hagebuttenpulver ist somit fraglich.

In der ersten randomisiert-kontrollierten, doppelblinden Studie (Warholm et al. 2003) an 100 Patienten mit Knie und-/oder Hüftearthrose erhielten die Teilnehmer vier Monate lang entweder 5 g Hagebuttenextrakt pro Tag oder Placebo. Am Ende der Untersuchung hatten die Patienten der Hagebuttenextrakt-Gruppe signifikant weniger Schmerzen als die Patienten der Placebo-Gruppe.

Eine zweite, ebenfalls randomisiert-kontrollierte, doppelblinde Studie (Rein et al. 2004) mit 112 Arthrose-Patienten bestätigte diese Ergebnisse durch – im Vergleich zu Placebo – signifikant reduzierter Schmerzintensität und geringerer Gelenksteifigkeit. So kam es in 66 % der Patienten mit Hagebuttenextrakt zu einer Schmerzreduktion, jedoch nur bei 36 % der Patienten der Placebo-Gruppe. Allerdings weist diese Studie einige methodische Schwächen auf.

Auch eine dritte, ähnlich konzipierte Studie zeigte vergleichbare Ergebnisse (Winther et al. 2005). Dabei konnte auch gezeigt werden, dass die Anwendung des Hagebuttenextrakts bei den Arthrose-Patienten zur Reduktion der Schmerzmedikation führte – was aus pharmakotherapeutischer Sicht ein Erfolg ist.

In diesen drei Studien wurden stets identische Dosierungen (5 g Hagebuttenextrakt pro Tag über 3 Monate) verwendet; Nebenwirkungen traten offenbar nicht auf.

Ergebnisse mit Einschränkungen

Keine der Studien liefert neben der (selbstverständlich wünschenswerten) Schmerzreduktion Hinweise auf eine knorpelschützende oder das Fortschreiten der Arthrose bremsende Wirkung. Ebenso fehlen Untersuchungen zur optimalen Dosierung sowie Langzeitdaten zur Wirksamkeit und Sicherheit. Vor allem aber gibt es keine Informationen dazu, ob sich die Ergebnisse eines spezifischen Hagebuttenextrakts (in den Studien in Kapselform) auf den Verzehr von getrockneten Hagebuttenschalen oder von Hagebuttenpulver übertragen lassen.

Schmerzreduktion bei Arthrose

Die wenigen Studien an Menschen, die zudem einige methodische Mängel aufweisen, deuten darauf hin, dass Hagebuttenextrakt in der verwendeten Dosierung einen schmerzreduzierenden und antientzündlichen Effekt bei Arthrose haben könnte. Die Evidenz der entsprechenden Anwendung ist wegen der mäßigen Studienqualität nur gering.

Diese Einschätzung wird auch von den Autoren eines neueren Cochrane-Reviews geteilt, in dem die Studienlage für verschiedene Phytopharmaka zur Anwendung bei Arthrose umfassend dargestellt und bewertet wird (Cameron & Chrubasik 2014). Die beste Evidenz für eine zumindest geringfügige Schmerzreduktion bei Arthrose sehen die Autoren übrigens für Weihrauch-Extrakt (Boswellia serrata), gefolgt von mäßiger Evidenz für eine Zubereitung aus Avocado/Sojabohnen.

Das heißt: Es gibt zwar einige Hinweise für die schmerzreduzierende und entzündungshemmende Wirkung von Hagebuttenextrakten bei Arthrose; besser ist die Studienlage aber für Weihrauch-Extrakt und Avocado/Sojabohnen.

Fazit: Einen Versuch ist es wert

Aufgrund der genannten Einschränkungen kann mal also nicht sagen, ob Hagebuttenpulver als Bestandteil von Müsli (oder sonstigen Mahlzeiten) Arthrose-Schmerzen lindert oder gar das Fortschreiten der Arthrose verlangsamt. Angesichts der verfügbaren Daten erscheint der Verzehr entsprechender Produkte aber als unkritisch, und es spricht sicher nichts gegen die versuchsweise Anwendung von Hagebutten-Produkten. Selbst wenn damit eine geringfügige Einsparung von Schmerzmitteln erreicht werden kann, ist schon ein therapeutischer Vorteil erzielt. Im Falle von Supplementen wäre die Einnahme von Weihrauch-Kapseln vermutlich sinnvoller.

15 Kommentare

  1. Mein bestes Dankeschön für die nützliche Information! An Gelenkverschleiß leidet meine Mutter. Gegen die Arthrose wurde eine Endoprothese empfohlen. Wir hoffen aber, dass es eine Krankheit ist, die Bewegung verlangt. So dauert unser Kampf bis heute. Herzlichen Danke für die Sorge!

  2. Laut Information TV MOVIE 16.3-29.3.2019
    Vitamin C schützt die Gelenktellen vor dem Angriff freier Radikaler.Es spielt zudem eine
    zentrale Rolle bei der Neubildung von Kollagen im Gelenkknorpel sowie beim Erhalt
    von Knochensubstanz und Stützgewebe.Die Hagebutte beispsweise ist reich an Vitamin C
    und seit jeher bekannt für ihre antioxidative Wirkung gegen freie Radikale.Besonders
    hochwertig ist ein Hagebutten-Extrakt,wenn er in einem schonenden Verfahren ausschlißlich aus der Schale der Frucht gewonnen wird.So ist gewähleistet,dass die Nährstoffe
    der Hagebutte in konzentrieter Form erhalten bleibt

  3. Dankbar für den Tipp zu den Hagebutten! Die sollen meinem Vater in seinem Kampf gegen Arthrose helfen. Im Komplex mit Stosswellentherapie kann man ja auf ein recht gutes Ergebnis hoffen!

  4. Hallo.
    Ich bin Baujahr 1955 und litt seit Ende 2018 unter Arthrose im linken Knie und das sehr schmerzhaft und mit vielen Einschränkungen im Alltag. Habe dann über meinen Orthopäden eine Reha bei Medicorea beantragt. Hab das ein halbes Jahr lang 2x wöchentlich gemacht und danach privat weiter. Ich bin so gut wie Schmerzfrei.
    Will nicht sagen das das bei allen so sein kann. Aber mich hat es überzeugt.

  5. Vielen Dank für diesen Tipp! Meine Oma leidet schon seit Jahren unter Arthrose und wir sind immer auf der Suche nach natürlichen Produkten die für ihre Behandlung hilfreich sein können und den Schmerz lindern. Ich werde mich in meiner Apotheke auch über den Weihrauch-Extrakt informieren. Avocado und Sojabohnen isst sie auch schon oftmals und das werde ich ihr weiterhin noch kaufen. Sie ist schon lange in Behandlung bei einem Orthopäde und wir versuchen jetzt von allen Seiten zu helfen! Danke!

  6. Vielen Dank für die Weitergabe dieser Tipps zum Umgang mit der Arthrose. Meine Mutter glaubt, dass sie gerade jetzt mit Arthrose zu tun haben könnte. Ich werde diesen Artikel mit ihr teilen und ihr sagen, dass sie sich mit einem Arzt treffen soll.

  7. Ich bin 54 Jahre alt und hatte bereits im Alter von 30 Jahren eine ausgeprägte Arthrose in beiden Grosszehengelenken. Seinerzeit musste ich mit dem Fußballspielen aufhören, da die Schmerzen nicht mehr auszuhalten waren. Die Entzündung klang jahrelang nicht mehr ab, jede Bewegung oder Druck durch den Schuh auf das Gelenk waren schmerzhaft. Ich habe etwa 20 Jahre lang, einfach weil es mir schmeckt, auf der Arbeit täglich 1,5 Liter Hagebuttentee getrunken. Und ich bilde mir ein, dass das dazu geführt hat, dass beide Gelenke fast wieder in Ordnung sind. Zwar ist eine Verknöcherung vorhanden und auch eine gewisse Versteifung vorhanden, aber Sport, ja sogar Fußball ist wieder schmerzfrei möglich. Ich schwöre daher auf Hagebutte glaube aber auch, dass die Verbesserung viel Zeit, heißt mehrere Jahre, benötigt.

  8. Ich leide an Psoriasisarthritis seid ca. 15 Jahren. Dadurch bedingt auch mittlerweile Arthrose. Seid einem Jahr nehme ich Hagebuttenpulver mit den Kernen und Fischölkapseln mit hochdosiertem Anteil EPA und DHA. Nach einigen Wochen Einnahme wurde es tatsächlich wesentlich besser. Ich habe mittlerweile so gut wie keine Gelenkentzündungen mehr. Die Artrosebeschwerden halten sich in Grenzen, solange ich die entsprechenden Bereiche (Handgelenk, Achillissehnen, Zehgelenke) nicht zu stark einseitig belaste. Zur Zeit benötige ich keine Rheumamedikamente.

  9. Ich habe seit meinem letzten Umzug – Überbelastung – leichte Arthrose im Knie. Weihrauch hat nicht wirklich geholfen. Ich ernähre mich gesund und walke auch viel im Wald. Vit C und andere Vitamine/Nährstoffe nehme ich regelmäßig. Nach Einnahme von Kurkuma mit Piperidin gingen die Beschwerden zurück. Nun hatte ich ein Pause und spüre den Schmerz wieder. Omega3 und Eisen sind auch wichtig.

  10. Vielen Dank für den Beitrag zum Thema Hagebutten gegen Arthrose. Mein Bruder leidet unter Arthrose und möchte sich in der Apotheke zu Hagebutten-Präparaten beraten lassen. Gut zu wissen, dass die Pflanzenextrakte aus der Hagebutte entzündungshemmende Eigenschaften aufweisen.

  11. Meine Oma hat Arthrose. Hilfreich war hierbei zu erfahren, dass Hagebutten die Krankheit lindern können. Ich denke, ich werde noch mal einen Experten für Stoßwellentherapie ansprechen, um weitere Optionen einzuholen.

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